Pollenhöschen satt

Lüneburger Heide und Hannover: Klein, bedeutsam und unermüdlich im Einsatz. Nicht umsonst steht sie im Ranking auf Platz drei der wichtigsten Nutztiere in Deutschland. Ohne sie gäbe es weit weniger Obst und Gemüse. Wir Menschen müssten von Hand bestäuben, wie es in Teilen von China bereits der Fall ist. Wenn die Trachtbiene nach Hause fliegt, sind ihre Pollenhöschen prall gefüllt. Bis zu 20mg Gewicht hängen an ihren Hinterbeinen. Hinzu kommen noch 50 bis 60 Mikroliter zuckerhaltiger Saft in ihrem Honigmagen. Das ist so viel wie sie selbst wiegt: Durchschnittlich 82mg. Und es gibt noch weitere erstaunliche Leistungen …

Ein Honigbienenvolk mit ca. 20.000 Flugbienen bestäubt täglich drei Millionen Obstblüten.
Für die Produktion von 1kg Honig werden etwa 3kg Nektar benötigt. Für ein Glas Honig mit 400g Inhalt fliegt ein ganzes Bienenvolk fast dreimal um die Erde.
Honigbiene mit Pollenhöschen auf gelber Blüte
Kugelrund und mit doppelten Gewicht geht es gleich zurück in den Bienenstock in der Lüneburger Heide.
Honigbiene mit Pollenhöschen fliegt von gelber Blüte
Eine Trachtbiene lebt etwa 35 Tage. Als letzte Aufgabe im Bienenstaat unternimmt sie täglich drei bis zehn Ausflüge, um Pollen und Nektar zu sammeln. Nach 10 bis 20 Tagen stirbt sie.

So unglaublich die Leistung der Honigbienen auch ist, sie können Wildbestäuber nicht ersetzen!

Eine internationale Studie hat die Bestäubungsleistung von Honigbienen und wilden Blütenbesuchern in 41 Kulturen auf allen Kontinenten verglichen. Das Ergebnis? Der Frucht- und Samenansatz von Kulturpflanzen scheint mit der zunehmender Vielfalt an blütenbesuchenden Bienenarten zu steigen. Die Wildinsekten erzielten einen doppelt so hohen Fruchtansatz wie die domestizierten Honigbienen. Erdbeeren, Kaffee und Kirschen gehören dazu.

In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass 150 Honigbienen nicht so effektiv sind wie 100 Honigbienen und 50 Wildbienen zusammen.

Die Besuche von Wildinsekten und Honigbienen fördern die Früchte unabhängig voneinander. Zudem gibt es Pflanzenarten wie Rotklee und Tomate, die nur durch Wildbienen bestäubt werden können. Honigbienen können wilde Bestäuber daher nicht ersetzen, sondern lediglich unterstützen.

Eine gesicherte Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen setzt demnach eine Honigbienenpopulation sowie arten- und individuenreichen Lebensgemeinschaften von Wildbienen und anderen Wildbestäubern voraus. Nur durch eine große Vielfalt an Bestäubern sind maximale Ernteerträge überhaupt möglich.

Eigentlich überzeugende Argumente für eine artenreichere Agrarwirtschaft ohne Gift und ohne riesige Monokulturflächen. Stattdessen mit Blühstreifen, ungemähten Brachen, zeitlich gestaffelter Mahd, Hecken- und Kleinstrukturen, die Nahrung und Nistplätze für für wildlebende Bestäuber bieten. Eigentlich …

Gartenbesuch einer kleinen Wildbiene im letzten Sommer. Immer eine Freude!

Auch im eigenen Garten oder Balkon gilt:

Wer wilde Bestäuber unterstützen möchte, sollte geeignete Futterpflanzen pflanzen. Im Gegensatz zur generalistischen Honigbiene, die wenig wählerisch ist, sind knapp die Hälfte der mitteleuropäischen Wildbienenarten auf eine einzige Pflanzengattung oder -familie angewiesen. Sie haben sich evolutionär in Abhängigkeit voneinander entwickelt (Koevolution). Deshalb sind heimische Pflanzen wie Wildblumen, Stauden, Sträucher oder Bäume unbedingt zu bevorzugen.

Entscheidend ist aber auch, zugleich Nistgelegenheiten in unmittelbarer Nähe zu schaffen. Denn die räumliche Distanz zwischen Nistplatz und Futterpflanzen entscheidet über den Fortpflanzungserfolg! Für die meisten Wildbienenarten beträgt die maximale Flugdistanz zwischen Nist- und Nahrungshabitaten 100 bis 1500 Meter. Je näher desto besser!

Hummelabflug vom blühenden Knoblauch-Schnittlauch – Blüten einfach stehenlassen!

Wie sieht Eure Bilanz dieses Jahr bislang aus, was die Bienenanzahl betrifft?

Bei mir im Kleingarten ist doch schon einiges los. Die Blüten von feuchtigkeitsliebenden Frühblühern wie kriechender Günsel, Ruprechtskraut, Vergissmeinnicht oder Taubnessel haben bereits viele Wildbienen, Wespen und Fliegen angezogen. Und auch die Hornissen sind schon sehr aktiv und durchstöbern Sträucher und Bäume nach Beute. Die Fotos sind übrigens frisch entwickelt, aber vom Sommer letzten Jahres.

Weiterführende Infos

Images and Text © Simone Foedrowitz (F O T O H A B I T A T E). All Rights Reserved.

15 Comments

  1. Auf meiner Teufelsmoor WEbseite habe ich alle Bienchen veröffentlicht, denen ich schon hier begegnet bin. Zur Zeit habe ich im Garten eine Mauerbienenart und Sandbienen sowie ab und zu sehe ich eine Blutbiene. Ich tue mich schwer, die kleinen Bienchen zu bestimmen. Aber es sind welche da. Dein Bericht ist mal wieder beeindruckend, Deine Bilder auch. Sehr klar, sehr detailliert.
    Zu den Langhornmotten möchte ich noch schreiben, sie sind in jedem Jahr in meinem Garten, immer wenn die Azaleen blühen. Aber fliegend habe ich die noch nie aufgenommen …
    Viel Beifall und liebe Grüß0e
    Maren

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    1. Lieben Dank, Maren! Es gibt soooo viele Wildbienenarten. Geht mir genauso mit der Bestimmung. Auch bei den vielen Faltenwespen. Aber allein durch das Fotografieren recherchiere ich viel mehr und notiere mir das gleich. Eine Sandbiene habe ich erstmalig bewusst vor zwei Jahren entdeckt. Die sind so hübsch!
      Was mir auffällt sind die vielen winzig kleinen Flieger, die gerade bodennah unterwegs sind. Die Erdkröten wird’s freuen 🙂
      Bei den Langhornmotten war echt Geduld gefragt. Die möchte ich noch mal gerne fliegend aufnehmen. Einfach witzig.
      LG zurück 🙂

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    2. Das Bestimmen der Insekten und Pflanzen fällt heute mit Google und dem INternet leichter. Früher habe ich Bücher gewälzt, die man ja auch erstmal kaufen mußte. Für Vögel habe ich EBird mit seiner APP Merlin mit Begeisterung in Betrieb. Probiere es mal aus, es wird auch Dir Spaß machen, zu sehen, wer alles „für Dich“ singt 😉
      Liebe Grüße
      Maren

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    3. Danke für den Tipp!

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  2. Wirklich enorme Leistung. 🐝🐝🐝
    Hier ist dieses Jahr auch viel Insektenflug los. Insgesamt aber gegenüber etwa 10 Jahren immer weniger, leider….
    Sonnige Grüße Ariana 🌞

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    1. Hoffen wir, dass die Insektenzahlen wieder hochgehen. Man bemerkt dieses schleichende Verschwinden über die Jahre kaum, bis man irgendwie darauf aufmerksam gemacht wird. VG 🙂

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  3. Very thoughtful post Simone.
    Honey Bees are not adapted to pollinate all plants that’s where the ‚wild, native‘ pollinators play their part. This spring in my part of the UK insect numbers are seemingly very low. We have had a succession of poor springs that have not helped the early species.

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    1. I’m sorry to hear that. Perhaps the winters have simply become too warm. This increases the risk of the insects being attacked by fungi and diseases. I very much hope that insect diversity will increase again.

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  4. Was für schöne Aufnahmen Simone! Besonders die Aufnahmen im Flug und von vorne gefallen mir (wie drall die aussieht, lach), aber auch die Hosenbiene von hinten mit diesen prall gefüllten Pollenhöschen ist toll! Tja, bis jetzt sah ich erfreulich viele und verschiedene Hummeln, wenn leider auch die üblichen Verdächtigen. Dafür entdeckte ich ein paar für mich neue Wildbienen, die ich noch nicht kannte bzw. noch nie von gehört hatte (manchmal hat mir eine App geholfen). Ich gucke eigentlich gerne selber, aber wenn ich gar nicht weiterkomme, ist so eine App eine hilfreiche Möglichkeit. Aber ob das nun besonders viel ist, was ich sah, kann ich nicht sagen. Wenn man sich nach Insekten umguckt, muß man in der Regel ein Weilchen stehen und suchen finde ich. Es brummt selten auf einen Blick und in Massen. Was du aus deinem Garten schreibst, klingt allerdings sehr positiv! Liebe Grüße von hier 🙂

    Almuth

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    1. Ja, das Bienchen ist nahezu kugelrund und macht Biene Maja alle Ehre. 😄 Ich denke, es ist tatsächlich nur mit Arzenzählerei auf einen längeren Zeitraum möglich, überhaupt belastbare Fakten über die Artenanzahl und Individuendichte zu bekommen. Zu viele Faktoren haben Einfluss, nicht zuletzt auch die subjektive Wahrnehmung.

      Dennoch sehe ich mit Freude, wie viel sich in allen Ecken von Hannover etwas tut. Wenn wir hier einen zusammenhängenden Verbund hinbekommen, der aus verschiedenen Patchworkflächen – großen und kleinen Trittsteinen – besteht, das wäre extrem gut für den Insektenschutz. Und damit natürlich auch für alle Tierarten, die auf sie zwingend angewiesen sind. Es zählt wirklich jede kleine Fläche wie Dein naturnaher Balkon!
      VG zurück und noch einen schönen Sonntag

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    2. Da hast du sicher Recht. In der Stadt als auch in der stadtnahen Region tut sich wirklich einiges. Allein was man an Totholz IN der Stadt finden kann, ist inzwischen doch beeindruckend. Manches läuft leider nicht so gut mit den gesäten Blühflächen (das hatten wir ja schon mal mit den Mähzeitpunkten), aber auf der anderen Seite wird so viel Neues angestoßen, daß macht schon Hoffnung!

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  5. Your title was so funny, it captured my imagination. Yet the reality you describe is quite amazing – a honey bee carries double it’s body weight back to the hive, over and over again. And the variety of insects needed for a healthy biosphere is incredible. Thanks for telling this story with humor, beauty and sensitivity.

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    1. I know what you mean 😁. Thanks for stopping by, Sam.

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  6. Wie immer sind Deine Bilder traumhaft schön, liebe Simone.

    Eigentlich wissen wir ja, was zu tun ist, in vieler Hinsicht. Warum wir das nicht hinkriegen ist eigentlich rätselhaft, oder?

    Lieben Gruss,

    Tanja

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    1. Dankeschön Tanja! Ja, es sind viele Faktoren, warum der Mensch es nicht hinbekommt. Aber es gibt dennoch genügend Beispiele, in denen Menschen Vorreiter sind und einfach mal machen. Das muss man sehen, öffentlich machen und auch unterstützen. Letztlich lebt jeder einzelne mit seinem Gewissen. VG zurück!

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