Klein, flink und witzig

Hannover/Eilenriede: Eigentlich sollen sie gar nicht so selten sein. Trotzdem habe ich sie bislang erst einmal vor die Linse bekommen. Auffällig sind die extrem langen Fühler und die metallisch glänzenden Flügel. Doch was ist das für ein Insekt? Das musste ich erst einmal recherchieren. Es sind Falter, genauer gesagt Langhornmotten (Adela reaumurella) oder Grüne Langfühler. Die Männchen erscheinen ab März in Schwärmen von bis zu 30 Individuen, umtänzeln die Zweige von Laubbäumen und warten auf …

klar, Weibchen!

Diese haben wesentlich kürzere Fühler und leben eher versteckt in der Strauchschicht. Wenn aber eines auffliegt und sich nähert, wird nicht lange gefackelt. Notfalls wird die Begehrte verfolgt und geschnappt. Die kurze Paarung findet bereits im Flug statt, danach geht es auf einem Blatt oder in der Bodenvegetation weiter.

Mit 55 mm sind die Fühler dreimal so lang wie der 17 mm lange Körper.

Es ist extrem schwierig, die quirligen Falter im Flug scharf zu fotografieren. Und dann hatte ich bei meiner letzten Tour durch den Stadtwald leider kein Makroobjektiv dabei. 35 mm Weitwinkel und Wind sind nicht besonders gute Voraussetzungen für Makros. Dennoch kein Grund, es nicht zu probieren.

So gelangen mir mit viel Geduld, einer Belichtungszeit von mindestens 1/1.600 Sek (Tv-Modus) bei hohen ISO-Werten und dem richtigen Sonnenlicht einige ganz brauchbare Bilder. Natürlich alle nachträglich mehr oder weniger stark beschnitten, aber für das Web noch gut geeignet. Hauptsache sie zeigen, wie niedlich und witzig diese kleinen Winzlinge sind. Aber seht selbst…

Die Enden der Flügel haben lange Haare.
Auch die Beinchen sind lang behaart.
Die Fühler werden im Flug stets nach oben gerichtet.

Der Lebensraum der Grünen Langfühler sind Waldränder, Waldlichtungen und Gebüsche in der Nähe von Gewässern. Ihre Larven sind wichtige Recycler im Stoffkreislauf. Sie leben als birnenförmige Sackträger in der Streuschicht und ernähren sich unter anderem von alten Buchen- und Eichenblättern. Davon gibt es in der Eilenriede reichlich. Nach der Überwinterung verpuppen sie sich im Frühjahr in Bodennähe.

Die Kleinschmetterlinge sind übrigens tagaktive Nachtfalter. Wer jetzt stutzt:

Der Unterschied von Tag- und Nachtfalter liegt in ihren Antennen. Sie sind beim Tagfalter am Ende keulenförmig verdickt, beim Nachtfalter dagegen gefiedert oder komplett gerade. Zwar sind Nachtfalter meistens in der Nacht unterwegs, können aber auch nur tagsüber anzutreffen sein. Es gibt zudem Arten, die sowohl nacht- als auch tagaktiv sind.

Je nach Einfall des Sonnenlichts schimmern die Flügel bläulich-schwarz bis violett, grün, goldbronze oder silbern.

Es sollen in Europa rund 55 verschiedene Arten der Familie Langhornmotten Adelidae vorkommen, davon wurden 29 in Deutschland nachgewiesen (Stand 1999). Andere Quellen geben (bereits) 32 Arten an. Hier im Lepiforum gibt es eine gute Übersicht mit Bildern.

Habt Ihr auch schon mal Langhornmotten beobachten können?

Images and Text © Simone Foedrowitz (F O T O H A B I T A T E). All Rights Reserved.

19 Comments

  1. Hallo Simone,

    ein ganz interessanter Beitrag mit tollen Bildern. Das Weitwinkel war wahrscheinlich garnicht so schlecht, da die Schärfentiefe wohl etwas besser ausfiel als meim Makro.

    Liebe Grüße Horst

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    1. Danke! Die Festbrennweite ist wirklich sehr knackig und schon bei f5,6 bekommt man brauchbar tiefenscharfe Bilder. Aber die Langfühler sind recht klein und ich musste ihnen schon ziemlich auf die Pelle rücken. Problem Fluchtdistanz. Beim Makro oder Tele ist das schon besser. Ist vieles halt ein Kompromiss, wenn Bewegung drin ist. Andernfalls ist das aufwendige Focus stacking wohl der effizienteste Weg. Da will ich demnächst mal ran…

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  2. Wansinnsfotos! Und danke für die interessanten Informationen. Diese Motten habe ich noch nie gesehen. Die extrem langen Fühler wären mir aufgefallen.

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    1. Danke! Ja, die langen Antennen sind schon ziemlich besonders. Vielleicht trifftst Du sie ja mal. Sind wirklich sehr süß.

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  3. What a wonderful creature, and I love the shots you captured of them in flight. I looked it up – here in Texas, we should have the Southern Longhorn Moth, caeruleella. I will definitely have to be on the lookout for these!

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    1. Thanks Sam! I hope you will see them soon.

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  4. Das sind superschöne Fotos geworden Simone, toll! Und ein bißchen Unschärfe schadet den Motiven auch nicht, denn sie zeigt so die Bewegung sehr schön. Ich sah sie schon in der Eilenriede, aber manche drücken sich auch hier im Unterholz rum (jedenfalls früher), darunter auch sehr hübsch gezeichnete Arten. Sie sind tatsächlich sehr putzig mit ihren extrem langen Fühlern. Wie gesagt, tolle Bilder! Liebe Grüße von weiter nördlich 🙂

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    1. Die sind definitiv jedes Foto wert! Mir geht ja immer das Herz auf, wenn ich in unserem Stadtlieblingswald so etwas entdecke. Man muss wirklich viel bewusster durch die Gegend laufen und eben auch wissen, wo Flora und Fauna vorkommen. LG zurück. Ist wirklich aaaaa….kalt geworden 😒

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    2. Aber sowas von, brrr. Ich wollte eigentlich meinen Balkon aktivieren. Das mache ich erst kommende Woche.
      In der Eilenriede ist immer was zu entdecken. Wir müssen mal auf Safari gehen 🙂 LG

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  5. Liebe Simone,
    was für schöne Aufnahmen von diesen langfühlerigen Falterchen! Manche Details kann man wirklich nur durch die Fotografie für menschliche Augen sichtbar machen. Ich habe bisher erst einmal einen solch langbefühlerten Falter erspäht. Man wundert sich, daß sie damit problemlos fliegen können.
    Nachtaktive Grüße von
    Ulrike

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    1. Ja, da hast Du recht. Erst solche „eingefroren“ Momente zeigen, was einem im Normalfall so alles entgeht. Ich denke, sobald man etwas von einem Insekt erfährt, wird es einem früher oder später bewusst begegnen. VG zurück…

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    2. Stimmt – ich habe schon mehrfach die Seherfahrung gemacht, daß ich ein Insekt durch Makrofotoaufnahmen näher kennenlernen und wenig später ein solches Insekt dann im Garten oder beim Spaziergang in echt wiedererkennen konnte. 🙂

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  6. Liebe Simone,

    da sind Dir ganz wunderbare Bilder gelungen, besonders das erst hat es mir angetan, mit den langen Fühlern im Flug. Diese Motten waren mir bisher völlig unbekannt. Wie schön, daß Du sie fotografieren und identifizieren konntest.

    Herzliche Grüße,

    Tanja

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    1. Vielen Dank, Tanja. Sam berichtet in ihrem Kommentar, dass es in den USA ebenfalls diese Familie existiert, z.B Adela caeruleella. Vielleicht trifftst Du sie ja auch bald mal an.

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    2. Ich werde meine Augen offenhalten!

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  7. Herrliche Fotos – ich habe diese Insekten noch nie gesehen. Danke!

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    1. Dankeschön, das freut mich!

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  8. Your photos are exquisite. They are enchanting little creatures. I see that there are several species also in South Africa.

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