Hannover/Eilenriede: Im Vergleich zum Vorjahr ist die Buschwindröschenblüte diesmal sehr spät dran. Doch mit der zunehmenden Frühlingswärme kommt sie nun in voller Pracht. Überall im Stadtwald erscheinen die Blüten am Boden. Tausende kleiner weißer Tupfer auf saftig leuchtendem Grün. Was für eine tolle Stimmung! Eine perfekte Gelegenheit für impressionistisch wirkende Wischerbilder …

Kurze Info zur Technik
Wischerbilder entstehen durch absichtliche Bewegungen der Kamera während einer längeren Belichtungszeit. Diese Technik wird ICM (Intentional Camera Movement) genannt. Manchmal ist das ein offener Prozess. Ich lege mich am Anfang nicht fest und probiere einfach verschiedene Möglichkeiten aus, bis mir ein Weg für das Endergebnis richtig erscheint.

Manchmal weiß ich aber bereits vorher ganz genau, wie das Resultat aussehen soll. Die klare Vorstellung davon, was ich in ein Motiv hineininterpretieren möchte bestimmt die Art der Bewegungen und die Belichtungszeit. Dies war bei der Buschwindröschenblüte der Fall. Impressionistisch und träumerisch sollte die Landschaft mit dem Blütenteppich wirken. Eine luftig-leichte Momentaufnahme des beginnenden Frühlings im Wald mit einer ganz besonderen Lichtstimmung und dem typischen Farbspiel.

Kopfschmerzblume – Hexenblume – Osterbloom oder Windflower?

Das Buschwindröschen hat im Volksmund viele Namen. Allen gemeinsam ist ihr lateinischer Name: Anemone nemorosa. Anemos kommt aus dem Griechischen und bedeutet Wind. Nemorosa bedeutet hainbewohnend und bezieht sich auf den bevorzugten Standort der Pflanze. Erst seit gut 100 Jahren hat sich bei uns der stark an das Lateinische angelehnte Name Buschwindröschen durchgesetzt.

Wie alle Hahnenfußgewächse enthält die Pflanze in allen Teilen den Giftstoff Protoanemonin. Früher wurde sie in kleinen Mengen gegen Kopfschmerzen, aber auch bei Gelenkbeschwerden, Bronchitis und Hautkrankheiten eingesetzt. Wegen der hohen Toxizität und Nebenwirkungen ist sie heute auf die Homöopathie zur Behandlung starker Menstruationsbeschwerden beschränkt.

Ich bin in Buschwindröschen verliebt. Als erste Frühlingsboten sind sie der Gamechanger im noch überwiegend braunen Wald. Ab jetzt wird das frische Grün stetig zunehmen und die Brauntöne treten in den Hintergrund. Vor allem für Wildbienen (ich las von 18 Arten!) sind die handfächerförmigen Blüten die erste Nahrungsquelle nach dem Winter. Doch wenn die Bäume bei warmem Wetter schnell austreiben, ist es auch mit der Buschwindröschenblüte schnell vorbei. Die Pflanzen ziehen ein.

Buschwindröschen vermehren sich vorwiegend über ihre Wurzelstöcke. Die Rhizome verlängern sich jährlich um einige Zentimeter und verzweigen sich regelmäßig. Mit der Zeit werden die einzelnen Individuen immer größer und wachsen ineinander. Wenn ich mir die Dimensionen in der Eilenriede ansehe, dann müssen die Pflanzen uralt sein.

Abends geschlossen

Sicher habt Ihr das auch schon bemerkt: Bei Regen und wenn es dunkel wird schließen die Pflanzen ihre Blüten, und sie hängen nach unten. Was ist der Grund dafür?

Beide Verhaltensweisen sind vorteilhaft. Pflanzen, die nur tagaktive Bestäuber anlocken wollen, sparen Energie, denn das Offenhalten der Blüte kostet Kraft. Pflanzen reagieren zudem empfindlich auf Wetterveränderungen. Bei einem Anstieg der Luftfeuchtigkeit schließen die Blüten. Dadurch sind die empfindlichen Fortpflanzungsorgane geschützt und der Pollen bleibt trocken. So kann er besser von Insekten übertragen werden.

Ich finde es erstaunlich, dass auch Pflanzen wie wir Menschen eine innere Uhr haben, um sich auf die Umgebung einzustellen. Über ein komplexes Netzwerk von Genen und Proteinen können sie Prozesse zeitlich so steuern, dass ihr Biorhythmus perfekt auf den Tag-Nacht-Zyklus abgestimmt ist. Diese innere Uhr wird auch als zirkadianer Rhythmus bezeichnet. Viele Vorgänge sind noch unklar und Gegenstand aktueller Forschung.

Wie weit ist bei Euch die Buschwindröschenblüte? Noch in den Startlöchern oder schon mitten drin?

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