Entlang der Klippen – Along the cliffs

Der Assynt, Einsamkeit pur. Wer sich hier in den hohen Nordwesten von Schottland verirrt, trifft nur wenige Menschen an. Der Landstrich gehört zu den am dünnsten besiedelten Regionen Europas.

Ein Eldorado für Naturliebhaber, die sich gerne den kräftigen Wind um die Nase wehen lassen, die gebannt dem Kreischen der um die Klippen segelnden Seevögel lauschen, deren Herz anfängt zu hüpfen, wenn dicke Gewitterwolken ihre Schatten auf gelbgrüne Wiesen werfen, in dem die zotteligen weißen Köpfe des Wollgrases an zu leuchten beginnen…

Assynt, pure solitude. Anyone who gets lost in the high north-west of Scotland will only meet a few people. The area is one of the most sparsely populated regions in Europe.

An Eldorado for nature lovers who like to blow the powerful wind around their noses, who eager to hear the screeching seabirds sailing around the cliffs, their hearts starting to jump when thick thunderclouds cast their shadows over yellow-green meadows, in which the white heads of cottongrass start to shine …

Und selbst auf meiner Wanderung zum Old Man of Stoer, einer der touristischen Sehenswürdigkeiten im Assynt, traf ich kaum Menschen. Vielleicht lag es aber auch an der schlechten Wetterprognose, die eine Gewitterfront mit Starkregen für den frühen Nachmittag ankündigte. Oder es lag an der Uhrzeit, denn ich war schon früh vom nahe gelegenden Drumbeg aufgebrochen.

And even on my walk to the Old Man of Stoer, one of the tourist attractions in Assynt, I hardly met people. Maybe it was also due to the bad weather forecast, which announced a storm front with heavy rain for the early afternoon. Or it was because of the time. I left early from the nearby Drumbeg.

Schweren Herzens hatte ich mich von meiner liebenswerten Gastgeberin Christina verabschiedet. Die waschechte Schottin aus Drumbeg hat zusammen mit ihrem Mann ihre ehemalige Farm zum B & B Croft 338 umgebaut hat. Es liegt gleich gegenüber dem vom Drumbeg Viewpoint, an dem ich abends noch lange saß und den herrlichen Blick auf die Bucht genoss.

Irgendwann fuhr kein Auto mehr, Stille pur. Selbst die Schafe lagen dann gemütlich auf der Straße. Genau so abgeschieden hatte ich mir die Highlands vorgestellt!

With a heavy heart, I said goodbye to my lovely host Christina. Together with her husband, the true Scottish woman from Drumbeg has converted the former farm into the B & B Croft 338. It is just opposite the Drumbeg Viewpoint, where I sat in the evening for a long time and enjoyed the magnificent view of the bay.

At some point no car drove, pure silence. Even the sheep lay comfortably on the street. Just in this way I had imagined the Highlands!

Ich bereute nicht, in der kleinen Siedlung, die noch nicht einmal 100 Einwohner zählt, zwei Tage verbracht zu haben. Die meisten bleiben nur eine Nacht, hauptsächlich Motorradfahrer. Aber da verpasst man viel, zum Beispiel die wenig bekannte Wanderung „Drumbeg Peat Road“ inmitten der überragenden Berglandschaft des wildromantischen Assynts (unteres Bild).

Der Tipp von Christina, erst anschließend in das Cafe Secret Tea Garden einzukehren, war goldrichtig. Nach dem köstlichen Kuchen und dem Marshmallow-Kakao hätte ich keinen einzigen Kilometer mehr laufen können!

I did not regret having spent two days in the little settlement, which does not even have 100 inhabitants. Most stay only one night, mainly motorcyclists. But you miss a lot, for example the little known hike „Drumbeg Peat Road“ in the middle of the stunning mountain landscape of the wild and romantic Assynt (bottom picture).

The tip from Christina to go to Cafe Secret Tea Garden only at the end was perfect. After the delicious cake and the marshmallow cocoa, I could not have walked a single kilometer!

Die so genannte Drumbeg-Schleife (B869), die westlich von der Hauptstraße abzweigt, ist etwas für Adrenalinliebhaber. Die extrem schmale Single Track Road, die durch Drumbeg führt, ist landschaftlich zwar unglaublich reizvoll, doch sie gehört wegen ihrer engen Serpentinen und nicht einsehbaren Kuppen – den so genannten blind summits – zu den gefährlichsten Straßen Schottlands.

Nun war ich auf dem Weg zu meiner zweiten Unterkunft in Lochinver und fuhr auf den Parkplatz des Stoer Head Lighthouse. Gut drei Stunden blieben mir, um trockenen Fußes den sieben Kilometer langen Rundweg bis zur Spitze der Halbinsel Stoer Head zu laufen. Die Besichtigung des 1870 erbauten Leuchtturms wollte ich mir daher zum Schluss aufheben.

The so called Drumbeg loop (B869) branches off to the west of the main road, is for adrenaline lovers. The extremely narrow single track road that leads through Drumbeg is incredibly scenic, but it is one of the most dangerous roads in Scotland because of its narrow hairpin bends and blind summits.

Now I was on my way to my second accommodation in Lochinver and drove to the park car of Stoer Head Lighthouse. I had more than three hours left to walk the seven-kilometer round trip to the tip of the peninsula Stoer Head without getting wet. The visit to the lighthouse, built in 1870, I wanted to pick up for the last.

Erstmal ging es entlang der Klippen zum 60 Meter hohen „Alten Mann von Stoer“. Stoer leitet sich vom nordischen Wort „Staurr“ ab und bedeutet „eine Stange“. Eine etwas uncharmante Beschreibung des beeindruckenden Brandungsfelsen, der aus dem ältesten Sandstein der Erde besteht, dem Torridonischem Sandstein.

Das Sediment wird auf ca. 800 bis 1.000 Millionen Jahre datiert und durchzieht die Highlands quer durch Schottland vom Cape Wrath im Nordosten bis in den Südwesten zur Spitze der Sleat-Halbinsel im Süden von Skye.

First it went along the cliffs to the 60-meter-high Old Man of Stoer. Stoer derives from the Nordic word „staurr“ and means „a pole“. A rather charmless description of the impressive sea stack, which consists of the oldest sandstone on earth, the Torridonian Sandstone.

The sediment is dated to approximately 800 to 1.000 million years and traverses the Highlands across Scotland from the Cape Wrath in the northeast to the southwest to the tip of the Sleat Peninsula in the south of Skye.

Man benötigt etwa 45 Minuten vom Leuchtturm bis zu Felsnadel, die auch bei Kletterern ein beliebtes Ziel ist. Von da aus dauert es nicht mehr lange und man erreicht den Point of Stoer, die Spitze der Halbinsel. Für Leute wie mich, die nebenbei noch viel fotografieren und den Schlammlöchern gerne etwas großzügiger ausweichen, dauert es aber dann doch viel länger.

Auch gilt der Weg als der beste im Assynt für Wal- und Delfinbeobachtungen. Zeit spielt bei dieser grandiosen Landschaft eigentlich sowieso keine Rolle, solange das Wetter mitspielt. Und noch schien die Sonne, Zeit für Vogelbeobachtungen mit dem Tele.

It takes about 45 minutes from the lighthouse to the needle, which is also a popular destination for climbers. It’s not long before you reach the Point of Stoer, the tip of the peninsula. But for people like me, who take a lot of pictures and avoid the bog holes a bit more generously, it takes much longer.

Also, the path is considered the best in the Assynt for whale and dolphin watching. Time does not really matter in this terrific landscape, as long as the weather plays along. And still the sun was shining, time for bird watching with the tele.

An den steilen Felswänden der Halbinsel brüten auf nacktem Vorsprüngen Eissturmvögel (Fulmarus glacialis). Die bis zu 900 Gramm schweren und bis zu 52 Zentimeter großen Seevögel leben in Kolonien im Norden des Atlantiks und Pazifiks. Wenn sie sich bedroht fühlen, spucken sie bis zu zwei Meter weit ihr stinkendes, gelbes Magenskret aus.

Als ich sie am Point of Stoer beobachten konnte, ging es aber ganz ruhig zu. Viele der Brutpaare dösten vor sich her oder blickten in die Ferne. Besonders freute es mich, einen von ihnen genau vor der dunklen Höhle der imposanten Felsen fotografieren zu können.

At the steep cliffs of the peninsula Northern Fulmar (Fulmarus glacialis) breed on bare ledges. The up to 900 gram and up to 52 centimeters large seabirds live in colonies in the north of the Atlantic and Pacific. If they feel threatened, they spit up their stinking, yellow stomach secretions for up to two meters.

When I was able to watch them at the Point of Stoer, all was relaxed. Many of the breeding pairs were dozing or looking into the distance. I was particularly pleased to be able to photograph one of them right in front of the dark cave of the imposing rocks.

Und so verging die Zeit. Ein Blick zum Himmel und dann nahm ich aber ziemlich schnell die Beine in die Hand. Dicke Wolken machten sich aus Richtung Süden auf dem Weg. Ich glaube so schnell bin ich noch nie einen Wanderweg gelaufen. Natürlich mussten trotzdem noch ein paar Fotos sein. 😉

And so passed the time. A look to the sky and then I had to hurry. Thick clouds came from the south. I think I have never hiked so fast. Of course, still had to be a few pictures. 😉

Diese Gewitterstimmung war einfach genial. Ich glaube, wenn ich nur blauen Himmel in Schottland gehabt hätte, wäre ich todunglücklich gewesen. Aber das, was gerade jetzt passierte, ließ mein Herz höher schlagen. Der Rest kam natürlich vom Laufen, das nun in ein schnelles Traben überging. 🙂

This thunderstorm mood was just awesome. I think that if I only had blue skies in Scotland, I would have been heartbroken. But what happened just now made my heart beat faster. The rest, of course, came from running, which now turned into a quick trot. 🙂

Ich passierte den mit einem Steinhaufen markierten höchsten Punkt des Stoer Heads und genoss kurz die fantastische Aussicht. Dann lief ich weiter, musste einen Umweg wegen einer großen Wasserlache machen und hetzte zum Parkplatz. Bloß in kein Schlammloch treten! Diese fiesen Dinger sind manchmal kaum zu erkennen.

I passed the highest point of the Stoer Head marked with a cairn and enjoyed the fantastic view. Then I ran on, had to make a detour because of a large pool of water and rushed to the parking lot. Hope I do not step into a bog hole! The nasty things are often hard to see.

Geschafft!! Kaum hatte ich die Autotür geschlossen, prasselte der Regen mit heftigen Windböen los. Nein, da hätte ich wirklich nicht gerne drin gestanden. So aber überbrückte ich die Wartezeit gemütlich auf der Rückbank und hielt ein kurzes Nickerchen. Dann ging es weiter nach Lochinver bei schönstem Wetter, Schottland halt! Toll!!

Done!! No sooner had I closed the car door, heavy rain came down with violent gusts of wind. No, I really would not have liked to stand inside. But so I bridged the waiting time comfortably on the back seat and had a short nap. Then it went on to Lochinver in the best weather, that’s just Scotland! Great!!

Images and Text © Simone Foedrowitz (F O T O H A B I T A T E). All Rights Reserved.

30 Comments

  1. Das ist ja wieder ein atemberaubender Reise-Schottlandbericht mit wunderschönen Bildern! das macht echt Lust auf eine Reise in diese Gegend. Ich mag es auch sehr, wenn die Gegend schroff und karg ist und einem der Wind um die Nase weht. Mit entsprechender Kleidung hab ich auch nichts gegen Regen 🙂 Aber so ein Nickerchen auf der Rückbank hätte mir auch passieren können …

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    1. Atemlos trifft es gut! 😉 Ja, ich hab mein Herz an diese Landschaft verloren…

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    2. Kann ich verstehen 🙂

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  2. Diese Landschaft, das abwechlsungsreiche Wetter und fantastische Licht 🙂
    Moorlandschaften mit Bergen und dramatischem Wolkenhimmel – einfach ein Gedicht und wunderschöne Fotos!!!

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    1. Dankeschön! Das Fleckchen Land ist wirklich umwerfend schön! Bis auf die Midges 😉

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  3. I love your stories and your photography Simone! Such a dramatic landscape and I love the fluffy cottongrass!

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    1. Thanks a lot, Liz! Do you have also in NZ cottongrass?

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    2. I’ve never seen anything like the cottongrass here. We have bunny-tail grass in sandy areas which is cute but I think that’s widespread overseas. Nothing that looks like the cottongrass!

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    3. The english name Bunny-tail grass sounds funny. I know the plant. It’s really cute!

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    4. Yes, I think its really cute too and very photogenic! Its a very funny name!

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  4. Toller Beitrag mit beeindruckenden Fotos .Klasse

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    1. Dankeschön!

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  5. Sehr gern gelesen. Fantastisch. 🙂

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    1. Danke Ariana. Das freut mich sehr!

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  6. Wonderful, I am really enjoying your journey Simone.

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    1. That’s delight for me! Thank you so much, Bryan!

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  7. Da ich auch ein riesiger Schottland Fan bin, wir es die letzten Jahre aber leider nicht geschafft haben wieder hinzureisen, freue ich mich über jeden deiner Berichte und über die schönen, atemberaubenden Fotos! 🙂
    Unsere erste Schottlandtour haben wir mit einem Käfer und einem kleinen Zelt absolviert, später dann mit einem VW Bulli. Da kommen schöne Erinnerungen auf 🙂 und die Lust bald wieder hinzureisen.
    Finde ich klasse, dass du dir so viel Zeit für dich und Schottland nimmst!
    LG

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    1. Vielen lieben Dank! Wenn meine Posts gefallen und zusätzlich schöne Erinnerungen wecken, dann freut mich das sehr. Mit Zelt und Bully – das war sicher abenteuerlich für Euch! LG Simone

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    2. Das war es 😉 hat aber auch sau viel Spaß gemacht. Alte Autos und die lebendigen Straßen, super klasse. Und wir haben dadurch auch sehr viele Leute kennen gelernt. Würde ich immer wieder so machen! Wünsche dir noch weitere wunderschöne Tag in Schottland 🙂 LG

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    3. Das glaube ich! Aber nicht, dass wir uns missverstehen: Meine Schottlandposts sind ein Rückblick von 2017, leider! Aber Deutschland in seiner derzeitigen Frühlingspracht ist doch auch was Feines! In diesem Sinne: Ein schönes WE!

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    4. Ahh 😉 und ich dachte du bist noch auf Tour. Deine Berichte klingen so, als ob du gerade voll und ganz in Schottland wärst!
      Sie sind so lebendig und greifbar geschrieben, so als wäst du dort und man selber in diesen Augenblicken mit dabei 🙂

      Echte Schreibkunst!

      Dir auch ein schönes WE!

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    5. Das ist ein tolles Kompliment! „Freu!“

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  8. Die intensiven Farben der Landschaft hast Du so wunderbar eingefangen, liebe Simone, daß es sich so anfühlt, als sei ich selbst mittendrin. Und wie gut, daß die Sturmvögel nicht stürmten. Magensekret auf den Haaren oder im Gesicht hört sich weniger angenehm an! 😊
    Mit sehnsüchtigen Grüßen,
    Tanja

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    1. Schön, dass es Teleobjektive gibt: Da passt es dann schon mit dem Spuck-Abstand. 😉 Hat mich gefreut, Dich auf den Trip mitgenommen zu haben! GLG Simone

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  9. Wieder ein toller Reisebericht mit wunderschönen Fotos. Sie sind alle schön, aber ich glaube, das letzte finde ich am Schönsten. Ich liebe diese Landschaft mit dem Grün! Der Himmel und die schönen Wolken, die Wasserspiegelungen…seufz 🙂 Danke fürs mitnehmen!! LG, Almuth

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    1. Ja, diese Landschaft übt einen starken Sog aus. Danke fürs Vorbeischauen!

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    2. Du beschreibst es schon so wunderbar in deinen ersten Sätzen. Genauso ist es. Das Grün, durch Licht und vorbeiziehende Wolken in den herrlichsten Farbtönen zu sehen, ist traumhaft. Das Wollgras liebe ich auch und habe ich seit meiner Kindheit nicht mehr gesehen. Ach ja. Schottland. Wie dichtete schon Robert Burns: „..doch wo ich auch wandere, wo ich auch bin, nach den Hügeln des Hochlands steht allzeit mein Sinn“!

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    3. Da kann ich nur zustimmen!

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  10. Hinreißend! Du hast mir gerade eine kleine, feine Reise geschenkt – in Wort und Bild. Danke.

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    1. Gern geschehen! 🙂

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